,

Einstweilige Verfügung: Räumung gegen gewerblichen Untermieter möglich – LG Hamburg


LG Hamburg, Urteil vom 04.06.2025, Az. 331 O 234/25

Leitsatz

Ein Grundstückseigentümer kann im Wege der einstweiligen Verfügung auch gegen einen gewerblichen Untermieter vorgehen, wenn bereits ein vollstreckbarer Räumungstitel gegen den Hauptmieter vorliegt und der Eigentümer erst nachträglich von der Untervermietung erfährt. Die gesetzgeberische Wertung des § 940a Abs. 2 ZPO gilt entsprechend.

Sachverhalt

Die Klägerin hatte einem gewerblichen Mieter die Nutzung ihres Grundstücks erlaubt. 2022 widerrief sie diese Erlaubnis, erhielt das Grundstück jedoch nicht zurück. Stattdessen vermietete der Mieter die Flächen an den Beklagten, ohne hierzu berechtigt zu sein.

Gegen den Mieter lag ein (rechtskräftiger) Räumungstitel vor. Bei der Räumung stellte sich heraus, dass der Beklagte dort Flächen nutzte. Die Klägerin wusste davon zuvor nichts. Sie beantragte eine einstweilige Verfügung, um auch gegen den Beklagten räumen zu können.

Der Beklagte wehrte sich mit dem Argument, es fehle die Eilbedürftigkeit und eine analoge Anwendung des § 940a Abs. 2 ZPO auf Gewerberaum sei unzulässig.

Entscheidungsgründe

Das Landgericht Hamburg gab der Klägerin Recht:

  1. Anspruch
    • Grundlage war § 604 Abs. 4 BGB, da das ursprüngliche Leihverhältnis beendet war.
    • Die Untervermieterin war nicht besitzberechtigt und durfte nicht weitervermieten.
    • Es lag bereits ein vollstreckbarer Räumungstitel gegen die Untervermieterin vor.

    2. Verfügungsgrund

      • Die gesetzgeberische Wertung des § 940a Abs. 2 ZPO (Wohnraum) ist auf Gewerberaum im Rahmen des § 940 ZPO zu übertragen.
      • Sonst würde der Eigentümer durch ständige Untervermietung an neue Dritte gezwungen, immer wieder neue Klagen zu erheben. Es sei ein Wertungswiderspruch, wenn gegen den schutzbedürftigeren Wohnungsmieter eine Räumungsverfügung nach § 940a (2) ZPO beantragt werden könnte, gegen den gewerblichen Mieter aber keine einstweilige Verfügung erlangt werden könnte.
      • Das hatte das OLG Celle in einer Entscheidung vom 09.01.2020, Az. 2 U 116/19, anders beurteilt. Dem hat sich das Landgericht Hamburg nicht angeschlossen, sondern den Vermieter in seinem Rechtsschutz gegen die unerlaubte Untervermietung (mit dem Ziel, die Räumung zu vereiteln) gestärkt. Es liegt damit auf einer Linie mit dem OLG München, BEschluß vom 12.12.2017, Az. 32 W 1939/17).
      • Die Klägerin hatte keine frühere Möglichkeit, gegen den Beklagten vorzugehen, da sie erst kurz vor der Vollstreckung von ihm erfuhr.

      3. Interessenabwägung

        • Das Interesse der Klägerin an der schnellen Räumung überwiegt.
        • Der Beklagte machte keine besonderen schutzwürdigen Gründe geltend.
        • Es bestanden erhebliche Zweifel, ob der Untermietvertrag „echt“ war oder nur der Vollstreckung entgegengesetzt werden sollte.

        Handlungsanweisungen für Eigentümer

        • Sofort handeln, wenn bei einer Räumungsvollstreckung unbekannte Dritte Besitz beanspruchen.
        • Nachweis sichern (Fotos, Vollstreckungsprotokoll, vorgelegte Mietverträge).
        • Einstweilige Verfügung beantragen, um den Räumungstitel auf die neuen Nutzer zu erstrecken.
        • Rechtzeitig prüfen, ob ständige Untervermietungen vorliegen, um missbräuchliche Besitzübertragungen zu verhindern.